Eine schwarz-weiß Fotografie, auf der ein Mann auf einem Moped sitzt und leicht unsicher lächelnd in die Kamera blickt. Um ihn herum stehen weitere Menschen.
Der wohl bekannteste Unbekannte der jüngeren Migrationsgeschichte: Armando Rodrigues de Sá
Alfred Koch / DOMiD Archiv, Köln

"Wir sollten mobil bleiben und stets geschmückt."

10.9.1964, Bahnhof Köln-Deutz, Blitzlichtgewitter und Applaus. Bild-Ikonen und künftige Betitelungen wie die Worte „millionster“ und „Gastarbeiter“ entstehen. Zu sehen sein werden der just aus Portugal angekommene „millionste Gastarbeiter“ Armando Rodrigues de Sá und das ihm überreichte Geschenk, ein zweisitziges Moped der Marke Zündapp. 
 

Der Anlass und die dazu geschossenen Bilder werden bis heute als Abbildungen zur Arbeitsmigration nach Westdeutschland reproduziert – und in den letzten Jahren zunehmend in Frage gestellt. So wird beispielsweise Kritik an der weitgehend unbekannt bleibenden Lebens- und Sterbensgeschichte von Rodrigues de Sá und den fehlenden alternativen visuellen Darstellungen dieser Zeit laut. Die Inszenierung Deutschlands als beschenkendes, willkommen heißendes Land – eine Maßnahme, die auch zur Beruhigung von Unternehmen ergriffen wurde – blendet die davon abweichend erfahrenen Lebensrealitäten der Eingewanderten und ihrer Nachkommen aus. Auch der Aufnahmeort des Bahnhofs, Sinnbild der Mobilität, lohnt einen zweiten Blick, da er nicht nur auf das Ankommen, sondern auch auf das wieder Weggehen der Arbeitsmigrant*innen zu verweisen scheint. Diese gegenwärtigen Rezeptionen zeugen von einem sich verändernden Umgang mit der Erinnerungskultur zur Migration nach Deutschland.

BLUMEN

Ich habe vor mir 
das Bild des – Betrogenen –: 
Millionster Gastarbeiter
in Köln, ein ängstlicher Mann,
neben vielen lächelnden Deutschen. 
Er bekam damals: 
einen Blumenstrauß 
und ein Motorrad. 
Erst jetzt bemerke ich,
daß schon damals
die Weichen der heutigen 
Ausländerpolitik gestellt wurden: 
- Blumen waren die Bezahlung 
für unsere Arbeit. 
- Das Motorrad war 
die Rückkehrprämie 
für den ermüdeten Gastarbeiter. 
Wir sollten mobil bleiben und stets geschmückt.

Sag mir, wo die Blumen sind!

Manuel Salvador da Silva Campos, 1982